Joscha Falck ist ein umtriebiger Zeitgenosse: In dem beschaulichen Örtchen Rednitzhembach in Mittelfranken unterrichtet er an der Mittelschule hauptsächlich in den Jahrgangsstufen 7 – 9, betreut das IT-System und unterstützt die Schulleitung in allen Fragen der digitalisierungsbezogenen Schulentwicklung. Daneben arbeitet er als Schulentwicklungsmoderator für die Regierung von Mittelfranken, ist Lehrbeauftragter an der Uni Bamberg und engagiert sich in der Kommunalpolitik.
Auf seinem Blog www.joschafalck.de widmet er sich den Themen Schulentwicklung, Digitalisierung, Bildungspolitik und Zeitgeschehen. Wir freuen uns sehr, dass uns Joscha ein paar Fragen zu seiner Arbeit beantwortet hat.
Was ist für dich zeitgemäßer Unterricht im Hinblick auf Digitalisierung?
Zunächst einmal möchte ich voranstellen, dass es DEN zeitgemäßen Unterricht nicht gibt, schon gar nicht rezeptartig nach einem bestimmten Schema. Es geht dabei eher um die Art, wie wir lernen, wie wir dabei miteinander umgehen und welche Schwerpunkte wir setzen. Wichtig erscheint mir, dass Schülerinnen und Schüler Kompetenzen entwickeln können, die man aktuell und zukünftig in unserer – vom Wandel geprägten Welt – auch wirklich braucht. Dabei nimmt z.B. die Bedeutung von Faktenwissen immer mehr ab. Fähigkeiten im Bereich Kommunikation, Teamfähigkeit, aber auch das kritische Denken oder das Management von Wissen gewinnen mehr und mehr an Bedeutung. Hinzu kommen Fähigkeiten, die man braucht, um in der digitalen Welt zurechtzukommen. Das ist letztlich viel mehr als bloß mit Geräten und der entsprechenden Software umgehen zu können. Zeitgemäßer Unterricht ist dann ein Unterricht, der die Bearbeitung von Inhalten auf eine Art und Weise ermöglicht, in der diese Fähigkeiten gefördert werden. Bei dem Lernende Wissen nicht bloß nachvollziehen dürfen, sondern aktiv und kreativ tätig sind, zusammenarbeiten, in ihrem Tempo lernen dürfen, etwas Kreatives erschaffen, sich in Kooperations- und Kommunikationsformen bewegen, ihre Arbeit reflektieren und so weiter. Digitale Medien bieten hier zahlreiche Anknüpfungspunkte, diese Tätigkeiten spannender und abwechslungsreicher zu gestalten. Schülerinnen und Schüler können z.B. auf Online-Plattformen in Echtzeit zusammenarbeiten, kreative digitale Produkte erstellen oder das Wissen der Welt ins Klassenzimmer holen.
Wie kann Lehrpersonal die digitalen Möglichkeiten im Unterricht optimal ausschöpfen?
Dazu braucht es zunächst einmal eine gute Ausstattung und ausreichend Expertise bei Lehrkräften, diese einsetzen zu können. Besonders vielversprechend ist es aus meiner Sicht, wenn Schülerinnen und Schüler selbst aktiv werden können, z.B. bei der Erstellung digitaler Lernprodukte wie Videos oder Portfolios. Hierbei werden verschiedene Anforderungsbereiche produktiv miteinander verknüpft: Lernenden müssen recherchieren, um Wissen zu einem bestimmten Thema zu sammeln. Dieses Wissen muss geprüft, heruntergebrochen und systematisiert werden. In der Verarbeitung mit einem digitalen Endgerät kommen denn anwendungsbezogene Fähigkeiten hinzu. Das Ganze erfolgt im Idealfall mit einem Partner oder in der Kleingruppe und muss anschließend auch noch vorgestellt und reflektiert werden. Derartige Lernformen bringen ein hohes Maß an Aktivierung mit sich, machen Spaß sind meist hinsichtlich der Verständnistiefe nachhaltiger als ein Unterricht mit Buch und Arbeitsblatt.
Digitale Tools, Anwendungen und Geräte im Unterricht – hast du Favoriten?
Ja, Favoriten habe ich, wobei der Markt hier unübersichtlich ist und ich ständig dazulerne. Letztlich ist das ja auch das Spannende daran. Es tauchen immer wieder neue Tools auf, alte werden weiterentwickelt, bereits bekannte Formen des digitalen Arbeitens werden in neue didaktische Zusammenhänge gebracht etc. – hier ist wirklich sehr viel in Bewegung. Ich arbeite deshalb gerne mit Tools, die mir größere Flexibilität ermöglichen, wie Online-Plattformen rund um Padlet, Miro oder Conceptboard, aber auch Microsoft 365 mit seinen verschiedenen Anwendungen.
Was sind für dich die Kompetenzen der Zukunft, die wir jungen Menschen mit auf den Weg geben sollten?
Ich bin gar nicht sicher, ob wir diese Kompetenzen „mitgeben“ können. Wichtig ist es aus meiner Sicht, Lernszenarien so zu entwickeln, in denen diese Kompetenzen trainierbar werden. Dass Schülerinnen und Schüler eben immer wieder recherchieren, sortieren und präsentieren, sie immer wieder in offenen Projekten mit anderen zusammenarbeiten und regelmäßig aufgefordert werden, ihr Wissen auf eine kreative Weise zu verarbeiten. Letztlich brauchen wir starke und kritische Persönlichkeiten, die miteinander umgehen können, sich auf eine verantwortungsbewusste Weise als Teil der Gesellschaft verstehen und in der Lage sind, sich und ihr Leben zu organisieren.
Hast du Tipps für unsere Kursleiter*Innen?
Ein Professor in meiner Ausbildung sagte immer wieder, dass Unterricht „nützlich und schön“ sein solle und ich finde, dass da eine Menge drinsteckt. Damit man aber weiß, was nützlich und schön bedeutet, sollte man als Lehrender auch die Perspektive wechseln können und die eigenen Angebote (und sich selbst) aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler sehen können. Mein Vorschlag wäre also, mehr darüber nachzudenken, welche Inhalte und welche Art von Lernen die Kinder brauchen und so viel wie möglich davon umzusetzen.
Danke für das aufschlussreiche Gespräch, lieber Joscha.
Bildquelle: Joscha Falck